Paritätische Gestaltung konstitutiv für das Evangelium
he pístis sou sésokén (perf.) se. – Das Vertrauen/der Glaube dein gerettet hat dich.
2 x zitiert Markus dieses umwälzende Wort Jesu:
- das 1. Mal zu einer Frau: 5, 34 der mutigen, vom Blutfluss geheilten Frau
- das 2. Mal zu einem Mann: 10, 52 dem blinden Bettler Bartimäus, der zu Jesus um sein Leben schrie.
Was auf den 1. Blick „zufällig“ erscheint, stellt sich beim Eintauchen in die Wort-Netzwerke des Evangeliums als wesentliches Kompositions-Element heraus: Markus gestaltet die Gleichwertigkeit von Frauen und Männern, wie Jesus sie praktiziert, auf den unterschiedlichen Ebenen seines Textes. Seine Gestaltung bezieht auch Töchter + Söhne sowie Väter + Mütter mit ein.
siehe
[08-30] thygátrion – Töchterchen
Im Blick auf das Evangelium als Ganzem zeigen z. B. kaí – und sowie der 3-er – Rhythmus, dass Markus die ‚paritätische’ Gestaltung bei Frauen + Männern als konstitutives Element seines Evangeliums komponiert.
siehe
JL 2.2 Die Frauen: engagiert & übersehen
JM 1.2.4 3er-Rhythmen; …
Auf den „mittleren“ Ebenen des Evangelium-Textes finden sich präzise komponierte Zusammenhänge und Quer-Verbindungen.
siehe
JL 4.2.1 Übersicht Kraft(taten)
JM 1.2.8 Quer-Kompositionen; …
Die sorgfältige Verwendung der einzelnen W o r t e durch Markus belegt diesen Schwerpunkt auch für die „ Basis-Ebene“ seines Textes.
siehe z. B.
JL 2.2.3 Die 3 Frauen – Heroldinnen wie Jesus: [05-039] ékstasis, he – das Außersichgeraten, Verzückung
Brüllt ein Mann, ist er dynamisch.
Brüllt eine Frau, ist sie hysterisch.
Hildegard Knef
Jesus hebt patriarchal fixierte Geschlechter-Rollen auf
Markus verwendet für beide Geschlechter dieselben Verben und dieselbe grammatikalische Form (!), obwohl sie im allgemeinen Sprachgebrauch für den Mann „reserviert“ waren:
- gamése – heiratete : 2 x act. aor. con.
- moicháo als Medium: Ehebruch begehen – beim Mann übliche Form; 10, 12 moichâtai med. präs. auch von der Frau s o gesagt, in der ganzen bekannten antiken Literatur sonst nicht!
- 12-60 * m o i c h e ú o (moichós, ho) 1 x Ehebruch begehen
- 03-05 * g a m é o 4 x heiraten
- 03-35 * g y n é , he – 16 + [1] x – Frau; Ehefrau
Markus gestaltet mit Wort-Wahl und Grammatik
Jesus hebt mit seiner EigenArt das patriarchale Geschlechter-Stereotyp „Mann = aktiv, Frau = passiv“ auf. Markus gestaltet es mit Wort-Wahl und Grammatik.
siehe
JL 2.2.4 Frauen im Markus-Evangelium und ihr Verhalten
Die Schilderung des Verhaltens Jesu und der ungenannten Frau, die ihn salbt, bekommt in Zusammenhang mit den patriarchal fixierten Geschlechter-Rollen zusätzliche Brisanz.
- Jesus: 2 x genetivus absolutus = passives Verhalten
- die Frau: 2 x Hauptverb (+ jeweils ein Partizip) = aktives Verhalten
Bei mindestens 55 Wort-Netzwerken lässt sich die gestaltende Hand des Evangelisten Markus nachweisen. z. B.
10-072 * k l a í o – 3 + [[ 1 ]] x – be-weinen; (laut) klagen
- Klage-Frauen – 5, 38. 39 – präs. part; präs.;
- (Mann) Petros – 14, 32 – impf.
18-098 * s y n – t r í b o – 2 x – zerreiben; zerbrechen
- Mensch in unreinem Geist – 5, 4 – Mann – p a s s. perf. inf.
- ungenannte Frau mit Salböl – 14, 3 – Frau – a c t. aor. part.
BUSTA, Christine: Altes Ehepaar (Der Atem des Wortes. Gedichte. Hrsg. aus dem Nachlass von Anton Gruber. – Salzburg: Otto Müller Verlag 2. Aufl. 1995, S. 87)
JOCHUM-BORTFELD, Carsten: Gesellschaftliche Konstruktion von Weiblichkeit in der Antike: Die „natürliche Unterordnung“ der Frauen unter die Männer – Zur politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Stellung der Frauen – Gesellschaftliche Agitation gegen Frauen – Frauen aus der Unterschicht – Frauenbilder im antiken Judentum (Die Verachteten stehen auf. Widersprüche und Gegenentwürfe des Markusevangeliums zu den Menschenbildern seiner Zeit. – Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer 2008, S. 124 – 153)
PEIKERT-FLASPÖHLER, Christa: Segen für geschiedene Frauen und Männer (schenke Neubeginn. Segensworte – Limburg: Lahn-Verlag 1996, S. 84)
SPILLING-NÖKER, Christa: Wunschzettel für die Partnerschaft (GESEGNETES Leben. Segensworte für den Tag, das Jahr und den Weg des Lebens. Hrsg. vom Martin Schmeißer. – Eschbach/Markgräflerland: Verlag am Eschbach der Schwabenverlag AG 2003, S. 85/85)
Eine gescheite Frau hat Millionen geborener Feinde:
alle dummen Männer.
Marie von Ebner-Eschenbach (1830-1916)
Frauen + Männer – Wort-Netzwerke: Beispiele
01-015 agorázo (auf dem Markt) kaufen
01-027 haîma, tò (flüssiges) Blut JL 2.2.5
01-033 akáthartos unrein (kultisch-rituell) JL 4.3
01-038 akolouthéo (nach)folgen, mitgehen, begleiten JL 1.3.2; JL 2.2.2
01-047 aleípho salben, schmieren, bestreichen JM 1.2.7
01-096 anér, ho Mann; Mensch; Ehemann; Krieger
01-099 anhístemi aufrichten; Med.: (für sich) auf-er-stehen JL 5.3.2; JL 5.3.3
01-129 apokríno (ab)sondern; wählen; Med.: antworten
01-145 hápto anknüpfen; Med.: anfassen, berühren JL 4.2.2; JL 5.3.3; JM 1.3.2; JM 3.3.2
01-158 archiereús, ho Hoherpriester
02-02 bállo werfen; legen
03-05 gaméo heiraten
03-35 gyné, he Frau; Ehefrau JL 1.3.5
04-02 daimónion, tò Dämon, böser Geist
04-30 diakonéo dienen, bei Tisch aufwarten JL 2.2.1; JM 1.3.2
05-039 ékstasis, he das Außersichgeraten, Verzückung, Ekstase JL 2.2.3; JM 1.1.2; JM 1.2.2.1; JM 3.2.3.1
05-055 emblépo anblicken; hinsehen JM 1.4.4.1
05-122 epi-strépho umwenden; kehrtmachen
05-131 érgon, tò Arbeit; Werk; Tat
05-136 érchomai (med.) gehen, kommen
05-143 éti noch
05-150 euth ´ys gerade; gerecht; Adv.: geradezu, sogleich, sofort
06-04 zetéo suchen; verlangen; begehren; fordern
08-30 thygátrion, tò Töchterchen JL 1.3.5
10-005 katheúdo schlafen, ruhen
10-021 kaléo beim Namen nennen, rufen
10-034 katákeimai (d.m.) sich niederlegen, daliegen
10-072 klaío be-weinen, (laut) klagen JL 1.3.5
10-080 klíne, he Bett; /Tisch)Lager
10-093 korásion, tò Mädchen; ‚kleine’ junge Frau JM 1.3.4
10-102 kratéo stark (mächtig) sein; mit Gen.: sich bemächtigen; mit Akk.: ergreifen, festhalten JL 5.3.2
10-116 k ´yrios, ho Herr
12-07 mâllon mehr
12-40 medeís auch nicht eine(r), keine(r), niemand
12-51 mnemeîon, tò Denkmal, Grabmal; Andenken, Erinnerung
12-58 moicháo zum Ehebruch verführen; Med.: die Ehe brechen
12-60 moicheúo Ehebruch begehen
13-02 Nazarenós aus Nazareth, Bewohner von N.
15-08 oîkos, ho Haus
15-26 hópou wo; warum; da
15-47 ouaí weh(e)! (Klage oder Unwille)
15-61 óchlos, ho Volksmenge, Pöbel
16-038 páscho erleiden JL 2.2.5
16-061 peripatéo (rings)umherwandeln; leben JM 1.3.1; JM 1.3.3; JM 1.4.4.3
16-083 pístis, he Treue; Vertrauen; Glaube
16-097 pneûma, tò Hauch; Atem; Geist
16-122 poús, ho Fuß
16-166 proí frühmorgens JM 1.2.8
18-002 sábbaton, tò Sabbat; Woche; siebter Tag
18-033 soí, soi d i r, dir
18-098 syn-tríbo zerreiben; zerbrechen JL 1.3.5
18-106 sózo retten JL 2.3.2; JM 1.4.6.2
18-107 sôma, tò Körper, Leib JL 2.2.5
20-19 hypokáto unterhalb, unten darunter
21-14 phobéo scheuchen, erschrecken; Pass.: erschreckt werden, (ehr)fürchten, fliehen JM 1.1.4.3