Die „Frage der Fragen“
„… wer ICH bin“: die „Frage der Fragen“ (Martin Buber). Latent, verborgen immer da, bis zu einer passenden, stimmigen Antwort. Und diese ‚hält‘ für eine gewisse Zeit …
Jesus kommt aus dem „EXIL“. Dem „Exil“ des Fragens nach sich selber, nach der eigenen Lebens-AufGabe, nach dem Heil für das Gottesvolk. Er ist zum Aufbruch entschlossen, zum „EXODUS“.
Er geht zu Johannes, steigt in den Jordan, um sich wie viele andere taufen zu lassen. Er taucht unter, bereit zu „Tod“ und Neubeginn.
Und e r hört im Heraufsteigen aus dem Wasser des Jordans ( 1, 11 ): „D U bist mein geliebter Sohn …“.
Alle Suchenden sind Erwartete.
Ludwig Reeg
„Wüste“
“Wüste”: Ist das w i r k l i c h w a h r? Und für wen / wozu ist das gut?
„Lebens-Krise“: die neue/überraschende/unerhörte/unerwartete – kainós [10-010] Erfahrung „passt“ nicht in die bisherigen Deutungskategorien. Soll er sie in die veralteten/alten – palaiós [16-006] Muster pressen? (vgl. 2, 21. 22 )
Jesus vertraut seiner „Ur-Erfahrung“: „D U bist mein geliebter Sohn …“.
Sie entspricht seiner Sehnsucht, seiner Ahnung, seinem tiefsten Wissen um sich selbst. Er lässt sie sich nicht ausreden, schlecht machen, verkleinern, zusammenstutzen, verdrehen, „absaugen“, umdeuten, …
Sein Durchhalten ( 13, 13 ) bewirkt Integration des „Animalischen“ + des „Himmlischen“ ( 1, 13 ). Vergegenwärtigung des URSPRUNGs „Paradies“ + (Antizipation) der VOLLENDUNG (vgl. Jesaja: der Löwe liegt beim Lamm). Integration aller HÖHE + TIEFE im J E T Z T + H I E R.
Dies alles hoch konzentriert + ganz einfach erzählt mit wenigen Worten: eines der „Markenzeichen“ des Evangelisten Jochanan Marcus.
Die Welt ist eine Nummer zu klein geraten,
um die unendliche Sehnsucht eines Menschen stillen zu können.
Kurt Tucholsky
siehe
JL 3.1.1 Alltag und kainós – neu, unerwartet
JL 3.1.2 Mystische Alltags-Literatur
JL 5.2.2 LEIDENschaftliche Auseinandersetzungen – peirázo
JL 5.3.1 Markus – ein Meister literarischer „Verschlüsselung“
JM 1.4.2 Ia EXODUS aus dem EXIL: 1, 2 – 8. 9 – 11. 12 – 13
BEN-CHORIN, Schalom: Die Frage der Fragen (R. Riess (Hrsg.), Drei Zeilen trage ich mit mir. Worte, die ein Leben begleiten. – Freiburg: Herder 1995, S. 17-21)
BUBER, Martin: Die Frage der Fragen (Erzählungen der Chassidim. Zürich: Menasse Verlag 1949, S. 394)
BUSTA, Christine: Aus dem Tagebuch einer Krankenschwester (Wenn du das Wappen der Liebe malst. Gedichte. – Salzburg: Otto Müller Verlag 2. Aufl. 1983, S. 74)
BUSTA, Christine: Ein Porträt (Wenn du das Wappen der Liebe malst, S. 65)
DOMIN, Hilde: Bitte (Gesammelte Gedichte. – Frankfurt/M.: S. Fischer Verlag 5. Aufl. 1995, S. 117)
MOOSBACH, Carola: Stille mich, Gott (Lobet die Eine. Schweige- und Schreigebete. – Mainz: Matthias Grünewald Verlag 2000, S. 89)
SCHAFFER, Ulrich: Die Stille erneuert mich (Im Aufwind. – Wuppertal/Kassel: Oncken Verlag 4. Aufl. 1981,, S. 5)
Allen Veränderungen, selbst jenen, die wir ersehnt haben,
haftet etwas Melancholisches an;
denn wir lassen einen Teil von uns selbst zurück;
wir müssen ein Leben sterben,
ehe wir ein anderes beginnen können.
Anatole France