Offenheit und Intensität in Begegnungen
Die Tiefe und Intensität seiner Erfahrung Gottes in der Taufe ( 1, 9 – 11 ) wird für die Menschen erfahrbar in der Offenheit und Intensität, mit der Jesus ihnen begegnet. Sie erleben – wie die Schüler und Schülerinnen mit ihnen – Jesu höchst persönliches Interesse an jedem, an jeder.
Sie spüren am eigenen Leib, im eigenen Herzen erfüllt, was der Prophet Ezechiel als Verheißung Gottes verkündet hatte: Ez 36, 26 LXX
Im antiken Kolon-/ Sprech-Rhythmus geschrieben – nicht in einem Zug durchgeschrieben – wird eine vierzeiligen Strophe sichtbar.
Die poetische Kraft des hochenergetischen Prophetenwortes spricht die Lesenden unmittelbar an.
Und augenscheinlich wird, dass Markus sich in dieser Tradition versteht und schreibt.
siehe
JL 3.1.1 Alltag + kainós – neu, unerwartet
JM 1.1.2 kaì – kaí – und- und / sowohl – als auch
Sym-pathie – Mit-leiden als Kennzeichen Jesu
Solche Sym-pathie – Mit-leiden ist kainós – neu, unerhört, überraschend.
Sie macht die HörerInnen „fassungs-los“ ( vgl. 1, 23. 27 u. ö.). Die gewohnten „Fassungen“, Vorstellungen, Denkmuster, … sind durch die Begegnungen mit Jesus palaiós geworden: veraltet, alt ( vgl. 2, 21. 22 ). Eine ZuMutung auch an ihren Geist: neue, vertrauensvolle Gefühle – in veralteten, angstbestimmten Deutungsmustern?
Diese Sym-pathie Jesu, sein Mit-Leiden, ist eines seiner ‚Markenzeichen’, so heißt es im Brief an die Hebräer: Hebr 4, 15
Was soll man von denen denken,
die niemals Mitleid kannten, die unfähig sind, Tränen zu vergießen,
und die sich dabei nicht einmal für gottlos halten?
Léon Bloy
Jesu „öffentliches Experiment“, mit einem „Herzen aus Fleisch“ zu leben
kainós – neu in seiner Art, unbekannt, unüblich, unerhört, überraschend – so erleben die Leute Jesu LebensArt und Lehre. So versteht sich Jesus selber, ganz im Sinne von Jes 43, 18.
Die bisherigen „Muster“, „Modelle“, „Strukturen“ zu leben, zu glauben, zu denken passen nicht mehr, sind nicht mehr stimmig: palaiós – veraltet, alt ( 2, 21. 22 ). Und die für dieses NEUE „passenden“, „entsprechenden“, „stimmigen“ entstehen gerade, sind ‚im Werden’, entwickeln sich …
Markus erzählt dieses „öffentliche Experiment“, das Jesus wagt – mit einem „Herzen aus Fleisch“ zu leben, offen, intensiv, verwundbar.
- Von einer Begegnung zur nächsten, jede wie „das erste Mal“,
- von einer gelungenen Kraft(tat) zur nächsten Herausforderung,
- von einer Konfrontation zur nächsten Bedrohung …
kaì … kaì euth ´ys … kaì pálin … kaì … / und … und sogleich … und wieder(um) … und …
Mit dieser literarischen Atemlosigkeit zieht Markus die Lesenden mit hinein in dieses „offene Experiment“ Jesu. Er lässt uns nicht aus der Spannung heraus – bis zum Schluss seines Evangeliums.
Und er gibt seinem Text kein „Ende“ , sondern initiiert einen Neu-Anfang.
Immer wieder kainós – neu, überraschend, unerhört, unerwartet …
siehe auch
JL 3.1.1 Alltag + kainós – neu, unerwartet