- „Einem gebildeten Griechen musste die Sprache des Markus barbarisch und unkultiviert vorkommen.“ Gerd Lüderitz (MARKUS-Philologie, 167)
- Aramäismen + Latinismen: im Markus-Evangelium häufiger als in anderer griechischsprachiger Literatur. Cicero lästert über die „Mischung“ von griechischer + lateinischer Sprache als „Halbbildung“. siehe z. B. M. Hengel, in: MARKUS-Philologie, S. 44, Anm. 163.
- 4. Jhd.: Klagen (Kirchenlehrer Basilius der Große) und Spott (Kaiser Julianus) über den „barbarischen, bäurischen“ Stil der Evangelien. siehe G. Lüderitz, Stil und Gattung (des Markusevangeliums) (MARKUS-Philologie, S. 167)
- 5. Jhd.: Der Kirchenlehrer Hieronymus leidet bei seiner Übersetzung der Heiligen Schrift aus dem Griechischen ins Lateinische (die berühmte „Vulgata“ – „Einfache“) sehr an der einfachen „Fischersprache“ der Evangelien. Er macht wortmäßige und grammatikalische ‚Verbesserungen’, übersetzt aber auch den „einfachen“ Schreibstil ins Lateinische.
Der literarische Stil des Markus
Dieses „Hochkultur-Vorzeichen“ gilt offenbar immer noch – was von Markus zu erwarten bzw. nicht zu erwarten sei.
„Die Wiederholung einzelner Wörter oder Formulierungen innerhalb eines Satzes oder Abschnitts kann stilistischer Nachlässigkeit entspringen oder bewusster Absicht und wirkt je nachdem unbeholfen oder kunstvoll. …“ Marius Reiser, Der Alexanderroman und das Markusevangelium, in: Markus-Philologie, S. 131-161, hier: 142.
Das lässt sich auch z. B. bei der Beurteilung des Markus als Autor anwenden:
„er kennt sich nicht aus“ – vs. – er schreibt nicht alles, was er weiß, er weiß mehr als er schreibt: z. B.
- Orts-Angaben: bewusst
- Zeit-Angaben: absichtlich
- fehlende „wichtige“ Ereignisse, Personen: er wählt aus
Das gilt auch für den S t i l des Markus: er gestaltet ihn mit A b s i c h t s o, nicht aus Unvermögen.
Er schreibt b e w u ß t wie in der Umgangssprache – koiné , nicht wegen etwaiger Bildungs-Defizite. …
siehe
JM 1.1.6 Literarische Gattungen
Einschätzung der sogenannten „Wundergeschichten“
Wie sehr solche „Filter“ wirken, zeigt sich z. B. bei der Einschätzung der sogen. „Wundergeschichten“, die Markus erzählt; M. Hengel ist mit seiner Meinung durchaus repräsentativ:
„Das Werk des Markus ist trotz seines klaren Aufbaus und seiner dramatischen Spannung die volkstümliche Schöpfung eines Naturtalents, und man darf von ihm nicht jene reflektierte Distanz verlangen, mit der etwa Tacitus die Berichte von Augenzeugen, die zu seiner Zeit noch leben, über die Heilungswunder Vespasians in Alexandrien wiedergibt. 74 Wundergeschichten, wie sie Markus erzählt, könnten – theoretisch – z. T. schon zu Lebzeiten Jesu im Umlauf gewesen sein.“ Martin Hengel [in: MARKUS-Philologie, S. 17/18]
Exegeten/Bibelwissenschaftler haben in vielen, generationenübergreifenden Diskussionen Kriterien für „antike Wundergeschichten“ festgelegt. Mit diesen überprüfen und beurteilen sie auch die „biblischen Wunderberichte“ . Statt „Äpfel“, „Birnen“, … gibt es „Obst“. Mit diesem „statistischen Mittelwert“ (d. h. EigenArten sind eingeebnet) wird gemessen.
Und z. B. die „Unreflektiertheit“ des Markus „diagnostiziert“.
Dabei fällt unter den Tisch, dass Markus n i e von „Wundern“ Jesu spricht. Er lehnt, wie Jesus, „Wunderzeichen“ entschieden ab.
Markus spricht von Jesu dynámeis – Kraft(taten) [04-68], „die durch seine Hände geschehenen“ (wie die Nachbarn Jesu in Nazareth wissen: 6, 2). Vertrauens-Energien fließen hin und her. Jesu Heilungen sind keine „unerklärlichen göttlichen Macht-Demonstrationen“.
Selbstverständlich sind für Markus göttliche Energien am Wirken : sie fließen zwischen Jesus und den Kranken. Sie sind ja in beiden „vorhanden“. Die ZuMutung der Begegnung mit Jesus in Augenhöhe und mit Achtung löst die blockierten göttlichen Energien, sie können wirken, hin und her.
siehe
JL 4.0 (Kraft)Taten – Heilung des Lebens
HENGEL, Martin: ‚Wundergeschichten‘. (Entstehungszeit und Situationen des Markusevangelium. – in: Markus-Philologie, S. 17/18)
STROH, Wilfried: Ciceronianus, non Christianus. Auch die Christen lernen Latein (Latein ist tot, es lebe Latein! Kleine Geschichte einer großen Sprache. – Berlin: List bei Ullstein 3. Aufl. 2007, S. 128 – 130)