Feinde haben einen scharfen Blick für Stärken und Schwächen des Gegners. Pharisäer und Herodianer versuchen, Jesus mit einem „Kompliment“ in ihre Falle zu locken: s i e halten ihm einen Spiegel hin – in dem w i r einen Blick auf seine Persönlichkeit werfen können:
12, 14 Lehrer, / wir wissen / dass alethés – wahrhaftig du bist / und du dich nicht kümmerst um irgendwen; / du blickst nämlich nicht auf (das) Antlitz/Ansehen (von) Menschen, / sondern in alétheias – Wahrheit lehrst du den Weg Gottes …
Ähnlich „gespiegelte“ Blicke ermöglichen uns die Verwandten und Dorf-Nachbarn Jesu in Nazareth. Sie regen sich über seine sophía – Weisheit [ 18-036 ] auf und über die dynámeis – Kraft(taten) [ 04-68 ], die durch seine Hände geschehen. ( 6, 2 – 3 )
Auch die Leute um den Landesherrn Herodes Antipas brauchen dafür ein Erklärung. Für sie ist der ermordete Johannes der Täufer auferstanden: kaì dià toûto energoûsin (präs.) hai dynámeis en autô. – und deswegen wirken die Kräfte in ihm. ( 6, 14 )
energoûsin: act. präs. – die aktive Form wird normalerweise nur für das Wirken Gottes gebraucht, für alle anderen wird die mediale Form verwendet. Markus korrigiert diese Formulierung n i c h t und macht so eine Anspielung auf s e i n e Sicht Jesu daraus.
vergleiche
[05-071] energéo – wirken
Markus knüpft ein vielschichtiges Sprachgewebe
In den beiden folgenden Schlüsselworten leuchtet die EigenArt Jesu auf, sich ganz persönlich (= die Medium-Form) den Menschen zuzuwenden.
Zugleich lässt Markus uns einen kurzen Blick werfen auf eine seiner Kompositions-Techniken. Er setzt Worte miteinander in Spannung, verknüpft sie, vernetzt ein vielschichtiges Sprachgewebe.
Die Erfahrung, unbedingt erwünscht zu sein,
und die Leidenschaft, anderen diese Erfahrung zu ermöglichen.
Teresa von Kalkutta
auf die Frage, warum sie sich so mit den Armen zusammentue
TERESA von Kalkutta: Die Erfahrung, unbedingt erwünscht zu sein (in: FUCHS, Gotthard: Glaubenserfahrung – Theologie – Religionsunterricht. Ein Versuch ihrer Zuordnung. – in: Katechetische Blätter 103. Jg., 1978, H. 2/3, S. 190 – 216, hier: S. 198/9)
Redeweise und Lebensstil Jesu: offen, inklusiv
Dem offenen Blick Jesu entspricht seine offene, direkte Redeweise, sein Gesprächs- und Erzählstil als „Spiegel“ seiner Persönlichkeit. Markus verdeutlicht das u. a. mit seiner gezielten Verwendung von eán, án und deren verschiedenen Wortkombinationen.
Seine Redeweise ist offen, eröffnend, einschließend – inklusiv, nicht exklusiv, und schon gar nicht exkommunizierend.In seinem integrativen Lebensstil wird die Offenheit Gottes erfahrbar. Er praktiziert das „unbedingt erwünscht“, das er selber in der Taufe erfahren hat ( 1, 9 – 11 ).
Jesu AugenBlick sagt: D U bist unbedingt erwünscht
„Jesus & seine EigenArt“ – gespiegelt auch durch alle die, die ihn ansehen und dadurch Ansehen erfahren; denn der AugenBlick Jesu ist „gefüllt“ mit seiner Erfahrung in der Taufe: „D U bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen.“ ( 1, 11 ). S o blickt e r die Menschen an: ‚in Augenhöhe’ mit Gottes Ebenbildern.
Franziskus von Assisi z. B. erlebt in der verfallenen Kapelle von San Damiano diesen AugenBlick Jesu. Den Augenblick des Erkennens = Erkanntseins „I c h bin an-gesehen“. Dieser AugenBlick öffnet ihm die beziehungsreiche göttliche MITTE seines Lebens.
Sei gut.
Hab Mut zu deiner kleinen Kraft.
Von ihr lass dich nicht trennen.
Ein Licht, das Wege durch das Dunkel schafft,
muss nicht bis in den Himmel brennen.
unbekannt