Der óchlos – Volksmenge, Pöbel

 

Markus  gebraucht in seinem Evangelium für  „Volk“, „die Leute“  fast ausschließlich  [15-61]   óchlos  –  Volksmenge, Pöbel  (38  x).  So redet die reiche, gebildete Oberschicht über die, die nicht zu ihnen gehören:  óchlos  heißt von der Grundbedeutung her  „Belästigung“,  „Lärm“, …

Die Übersetzungen schreiben meist  „Volk“  oder  „Volksmenge“, was an eine große Anzahl denken lässt  –  die  V e r a c h t u n g   gegenüber den  „Leuten“  kommt in so einer Übersetzung nicht mehr vor.

 

2  x  nimmt  Markus   Volk – laós  [11-06]:

7, 6:  Jesus  zitiert   Jes  29, 13;     14, 2  lässt  Markus  die Hohenpriester (!) diesen Ausdruck verwenden  – sie,  die nur verächtlich vom  óchlos  reden!  Welche Ironie …

 

3  x  Menge:  tò  plêthos  [16-087]:  3, 7. 8;  hoi  polloí  –  die Vielen:  9, 26

 

Markus weiß um die Provokation, die in seinem Wortgebrauch liegt:  er gibt die EigenArt  Jesu  –  Achtung  vor jeder, jedem,  auf das Herz der Menschen zu schauen, nicht auf ihren sozial-religiösen Status  –  literarisch  1:1  an die Lesenden weiter.

Eine  ZuMutung für alle, für die ‚Obertanen’  wie für die ‚Untertanen’.

 

siehe auch

JM  1.1.3 Jesus-Erfahrungen als literarisch-spirituelle Strukturierungs-Elemente

 

 

Das Schlimmste an den Minderwertigkeitskomplexen ist,

dass die falschen Leute sie haben.

Jacques Tati

 

 

 

JOCHUM-BORTFELD, Carsten:  Arme und arbeitende Menschen – das Gegenteil eines tugendhaften Menschen   (Die Verachteten stehen auf. Widersprüche und Gegenentwürfe des Markusevangeliums zu den Menschenbildern seiner Zeit.  –  Stuttgart:  Verlag W. Kohlhammer  2008,  S. 104 – 107)

LÜCKING, Stefan:  Die aristotelische  „Poetik“  als Erzähltheorie   (Mimesis der Verachteten. Eine Studie zur Erzählweise von Mk 14, 1 – 11.  –  Stuttgart:  Verlag Katholisches Bibelwerk  1993,  S. 14/15)

 

 

 

 

Unerhörter  Wortgebrauch

 

Markus verwendet das Wort  peripatéo – (rings)umherwandeln  provokant für „offiziell nicht literatur-würdige“ Personen:  für einen als Staatsfeind und Gotteslästerer am Kreuz hingerichteten Bauhandwerker. Für einen gelähmten Mann. Für eine aus dem Tod erweckte junge Frau.  Und sogar für  „d i e  Menschen“!

 

 

16-061   *   p e r i – p a t é o  –  8  +  [[ 1 ]]  x  –  (rings)umherwandeln

 

Gemoll 9, S. 597:  NT   umhergehen,  wandeln,  leben.

(umher)spazieren;  seinen Weg gehen, sein Leben führen;  einen Lebenswandel führen

G9, 597:  ho  perí-patos:  1.  das Spazierengehen;  2.  Spaziergang als Ort,  Säulengang, Halle;   hoi  apò  (ektoû  peripátou   die Peripatetiker   [die vom (aus dem) Säulengang  –  Philosophen aus der Schule des   A r i s t o t e l e s]

 

3  x      Jesus:

  • 6, 48:  auf dem Meer  –  präs. part.
  • 6, 49:  gesehen  als auf dem Meer Wandelnder  –  präs. part.
  • 11, 27:  im Tempel  –  präs. part.

 

3  x      Kranke, Tote:

  • 2, 9:  Paralytiker  –  präs. imp.  –  Mann
  • 5, 42:  aus dem Tod erweckte junge Frau  – impf.  –  Frau
  • 8, 24:  der geheilte Blinde  –  präs. part.:  d i e  Menschen (= alle):  hos  déndra  peripatoûntas wie  Bäume  Umherwandelnde;  a l l e  Menschen, nicht  nur die Elite, d. h. die reiche männliche Oberschicht!

 

2  x      Schriftexperten:

  • 7, 5:  sie kritisieren  Jesus  wegen seiner Jünger  –  präs. ind.
  • 12, 38:  Jesus  warnt vor  bestimmten Typen  –  präs. inf.

 

siehe

JM  1.4.4:  8, 22 – 26 – Heilung eines Blinden bei Bethsaida

JL  2.2.1  Dienen wie Jesus  –  selbstbewusst und freiwillig

JM  1.2.4.5  Die  1. Speisung  –  Jesu  „symposion – Gastmahl“