Markus schreibt einen ‚einfachen Stil’, den alle verstehen können. Und er verwendet eine „Anspiel-Technik“ für tiefgehende, hintergründige Aussagen und Kommentare. Er gibt nicht einfach „besonders wichtige“ Stichworte. Er gestaltet seinen Text so, dass jedes Wort zum „wichtigen Stichwort“ wird, wenn ich sein Vorkommen, seine Quer-Verbindungen, … ‚unter die Lupe’ nehme.
Die Anspiel-Technik verwendet Markus in verschiedenen Zusammenhängen
- bei den Heiligen Schriften (in der griechischen Übersetzung der Septuaginta/LXX)
- bei zeitgenössischen Philosophien und Mysterien-Kulten
siehe
- bei Erfahrungen Jesu und mit Jesus
siehe
JM 1.1.3 Jesus-Erfahrungen als literarisch-spirituelle Strukturierungs-Elemente
- für sich selber als Autor dieses Evangelium-Textes
siehe
Die indirekte Redeweise gehört zur EigenArt Jesu
Jesus redet so
- über das (König)Reich Gottes: in Gleichnissen
- über die Menschen: hòs án – welcher auch immer
- über sich und seine Aufgabe: von sich selber spricht er vorwiegend als „Sohn“, besonders als „Sohn des Menschen“ (14 x).
siehe
JL 1. 1. 3 Jesus und seine EigenArt / Wie spricht Jesus von sich selber?
Wofür ist das gut? Was bringt so ein Schreib-Stil?
- dem Sprechenden/Schreibenden: Schutz gegen vorschnelle Identifizierungen, voreilige Schlussfolgerungen, …
- den Hörenden/Lesenden: ‚Woher kenne ich das?’ ‚Irgendwie kommt mir das bekannt vor …’
Ein anspielungsreicher Schreib-Stil eröffnet Kommunikations-Spielraum für Selber-Finden, Verstehen, Weiter-Entwickeln, EigenSinn, Gespräch, …
Auch mit dieser literarischen Technik legt Markus „Zeit-Zündungen“ für positive Aha-Erlebnisse der Lesenden bei der ‚re-lecture’, beim Wiederlesen.
„Gewohnt“ sind wir diese literarische Art bei Anspielungen auf Worte aus den Büchern der Propheten, um Jesus als den verheißenen Messias zu kennzeichnen. Ein Blick auf Zitate aus dem AT und Anspielungen auf das AT, die die griechische Ausgabe des NT für das Markus-Evangelium auflistet (NA 28, S. 836 – 878), macht deutlich, dass Markus „breiter gestreut“ komponiert:
- gesamt: 42 Zitate, 286 Anspielungen
- Propheten: 15 Zitate, 108 Anspielungen
Überraschende Zusammenhänge
Und darüber hinaus werden überraschende Zusammenhänge sichtbar, wenn man der „Touchscreen-Methode“ des Markus folgt: z. B. k ´yklo – (im) Kreis [10-109]
Berufungsvision des Propheten: Jesaja 6, 1 – 13
- Jes 6, 1: er sah den HERRN
- Jes 6, 2 LXX: kaì seraphin heistékeisan k ýklo autoû, // und Seraphin standen im Kreis/ringsherum um ihn,
Markus spielt in 3, 34 auf Jes 6, 2 an –
- der k ´yrios – HERR/Gott sitzt k ´yklo der Seraphim,
- Jesus sitzt k ´yklo der Leute/óchlos – Volksmenge/Pöbel
Was für ‚unerhörte’ Parallel-Setzungen!
In 3, 34 und 6, 36 stellt Markus k ´yklo zwischen Artikel und Substantiv, wie grammatikalisch gefordert.
In 6, 6b ordnet er k ´yklo dem Partizip zu: k ´yklo didáskon – (im) Kreis lehrend. Jesus in der Mitte/als Mitte, die Leute perì autón – ringsherum um ihn: eine seiner EigenArten.
siehe
JL 2.0 Befreiende Netzwerke – Schüler und Schülerinnen Jesu
FRÜCHTEL, Ursula: Das Schiff im Markusevangelium (Mit der Bibel Symbole entdecken. In Verbindung mit Hans-Werner Büscher. Mit 40 Textblättern und 14 Grafiken. – Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1991, S. 545/546)