Wir sind gewohnt, den Text des Markus-Evangeliums fortlaufend gedruckt zu sehen. Nur durch Absätze und Zwischenüberschriften unterbrochen, durch Satzzeichen gegliedert.
Ein wesentlicher Unterschied zum Altgriechischen wird dadurch unkenntlich: das Griechische hat – wie alle antiken Sprachen – als Grundlage den Atemrhythmus, den Sprechrhythmus. Das Deutsche hat als Grundlage Sinneinheiten, es geht vom Inhalt aus.
Der Altphilologe/Latinist Wilfried STROH fordert:
„Rednerische Texte sollte man nicht nur mit logischer Interpunktion (die der Antike unbekannt war) schreiben, sondern … eingeteilt nach Kola, das heißt Redeeinheiten, die etwa einer Atemlänge entsprechen. Für die antike Stilistik ist nicht der Satz die entscheidende Größe, sondern eben das ‚Kolon’ (membrum) und die aus mehreren Kola bestehende ‚Periode’ (periodus, ambitus verborum), die, anders als nach heutigem Verständnis, auch aus mehreren Sätzen bestehen kann: An ihrem Ende hat die am Anfang sich hebende Stimme sich wieder gesenkt: darum periodus (Umlauf). Die Antike geht vom Sprechvorgang aus, wir vom logischen Gehalt.“ (W. STROH, Latein ist tot, es lebe Latein!, S. 46 Anm.)
STROH, Wilfried: Antike rednerische Texte (Latein ist tot, es lebe Latein! Kleine Geschichte einer großen Sprache. – Berlin: List bei Ullstein 3. Aufl. 2007, S. 46 Anm.)
STROH, Wilfried: Ciceronianus, non Christianus. Auch die Christen lernen Latein (Latein ist tot, es lebe Latein!, S. 121 – 132)
1.1.5.1 Sprech-Rhythmus als Grundlage, nicht Sinneinheiten
1.1.5.2 Rhetorischer Schreib-Stil für d i r e k t e Kommunikation