neanískos: ein selbstbewusster junger Mann, so um 15 – 25 Jahre alt, sportlich-durchtrainiert, gescheit. Einer, der sich von Erwachsenen nicht alles gefallen und sagen lässt. Ein ‚Spezialist‘ für treffsichere Autoritäten-Kritik. Ein „jugendlicher Hitzkopf“, ein „junger Wilder“.

In den 1950er-Jahren ein „Halbstarker“, wie z. B. Marlon Brando oder Elvis Presley. In den 1960ern die Beatles, Bob Dylan, Joan Baez, … – jede-r kennt Beispiele.

Vielleicht genügt ein Blick in den Spiegel …

 

Zwei Mal verwendet Markus in seinem Text das Wort  neanískos  [13-05]:

  • 14, 51 bei der Verhaftung Jesu im Garten Gethsemane: „Und ein gewisser neanískos mitfolgte ihm …“.
  • Und 16, 5, wo ein neanískos im Grab den  3 Frauen die Auferweckung Jesu verkündet.

 

Üblicherweise wird dieses Wort mit „junger Mann“ oder „Jüngling“ übersetzt.

Der „Gemoll“, seit Jahrzehnten bewährtes Schul- und Handwörterbuch für Altgriechisch/Deutsch, ist präziser:  ein „jugendstarker, kräftiger, öfter zu Mutwillen und Anmaßung neigender Mann“ (9. Aufl. 1965, S. 517; die 10. Aufl. 2006 fast gleich, S. 550).

 

Dem griechischen Dichter Hesiod, um 700 v.Chr., wird folgende Aussage zugeschrieben:

„Ich habe keine Hoffnung mehr für die Zukunft unseres Volkes, wenn diese Zukunft von der leichtfertigen heutigen Jugend abhängt.

Denn diese Jugend ist von einer unerträglichen Unverschämtheit

und will alles besser wissen.

Als ich jung war, brachte man uns gute Manieren und Respekt vor den Eltern bei.

Aber die Jugend von heute will immer recht haben und ist voller Widerrede.“

Hesiod, um 700 v.Chr.

 

Ähnliches kann man auch schon in altägyptischen Grabstätten aus dem  2. Jahrtausend v.Chr. lesen.

 

 

Das größte Übel der heutigen Jugend besteht darin,

dass man nicht mehr dazugehört.

Salvador Dalì

 

 

‚Junger Wilder‘ als Geisteshaltung

 

Markus schreibt im Bericht von der Gefangennahme Jesu  neanískos tis – ein gewisser ‚junger Wilder‘:  im Jahr 40, 10 Jahre nach Jesu Tod und Auferstehung.

Er ist altersmäßig „über diese Phase hinausgewachsen“, doch er hat sie als Geisteshaltung, als Teil seiner Lebenseinstellung „mitgenommen“. Und er weiß, dass die Lesenden wissen, dass er selber dieser neanískos tis  ist, der gewisse ‚junge Wilde‘.

Und mit so einer Geisteshaltung schreibt. Sein Evangelium-Text bestätigt das, wenn man einen  2., 3. 4., … Blick riskiert, hinein in die kunstvoll komponierten Wort-Netzwerke.

 

 

Obgleich Jesus der Herr ist, kann ich ihm doch wie einem Freund begegnen.

Ich sehe, dass er nicht wie die irdischen Herren ist,

die ihre ganze Herrlichkeit auf ein geborgtes Ansehen gründen.

Teresa von Avila

 

 

Im Jahr 2018 ging das Foto einer 93jährigen Frau um die Welt, der ältesten Yoga-Lehrerin New Yorks. Auf die unvermeidliche Frage, wodurch sie sich so fit erhalten habe, meinte sie: „In meinem Geist bin ich in meinen 20ern, und ich habe nicht vor, das zu ändern.“

 

 

Der Paradoxie des Lebens ist keine Regel gewachsen.

Carl Gustav Jung

 

siehe

JM  2.1  Ein ‚junger Wilder‘ – neanískos  schreibt …

 

 

Evangelist Markus,  Kirche SS Pietro e Paolo,  Biasca (Tessin, CH).

Foto:  Peter Hausberger, Salzburg