Markus gestaltet literarisch eine offene Geschichte Jesu mit WEG als Grundsymbol in Gestalt einer S p i r a l e, wie 16, 7 deutlich macht: „Vorausgeht er euch nach Galiläa …“
- nach oben: offene „H ö h e“: gespalten werdend: die Himmel ( 1, 10 ) und der Vorhang des Tempels [vor dem Allerheiligsten] ( 15, 38 ), die Stimme aus den Himmeln ( 1, 11; 9, 7 )
- nach unten: offene „T i e f e“: Versuchungen; Dämonen; Gethsemane; Verrat, Verleugnung, Flucht der Freunde; Passion; Hinrichtung am Kreuz; Grab
- nach hinten: offener „U r s p r u n g“: 1, 1 arché / Ursprung (vgl. Genesis 1, 1: „Im Ursprung / Anfang schuf Gott …“); Exodus aus dem Babylonischen Exil: (Deutero) Jesaja ( 1, 2 – 3 )
- nach vorn: offene „V o l l e n d u n g“: offener Schluss des Evangeliums (16, 7 – 8): der Auferstandene als Vorangeher und zu erkennender Weg-Gefährte
Gestalten der MITTE in den Dimensionen von „Raum“ + „Zeit“. Im Gehen wird ein Labyrinth dadurch 4-dimensional – dynamisch. Die äußersten Punkte verbunden machen eine Kugel sichtbar …
siehe
JM 1.4 Zum Aufbau des Evangeliums: KraftFelder – 1, 1 und die 7 Schwerpunkte
CANDOLINI, Gernot: Labyrinth, Kathedrale Chartres, 13. Jhd. (Labyrinthe, ein Praxisbuch zum Malen, Bauen, Tanzen, Spielen, Meditieren und Feiern. – Augsburg: Pattloch 1999, Nr. 11)
Inhalte und die Art ihrer Zusammenfügung
Markus sind nicht nur die verschiedenen Inhalte wichtig, er achtet genau so sehr auf die Art ihrer Zusammenfügung, die literarisch – spirituelle „Infrastruktur“. In den Begegnungen Jesu und mit Jesus ist die Kommunikation wechselseitig, nicht einseitig. ‚In Augenhöhe’, nicht von oben herab/von unten hinauf.
Die Erzählungen dieser Begegnungen und die „Verbindungen“ zwischen diesen gestaltet Markus deshalb als wechselseitiges, dynamisches Netzwerk. vgl. die gezielte Verwendung von kaí /und … und … und …; seine literarische Technik der Wort-Netzwerke, die er nach „Touchscreen-Art“ verwendet; …
Netzwerken ist bei Markus nicht einfach nur ein „literarisches Stilmittel“. Es ist grundlegend als integrative Ordnungs-/ Organisations-Form für Lebens-Stil und Glauben der Schüler und Schülerinnen Jesu. So können sie immer wieder in die „Schwebe des Lebendigen“ (Max Frisch) kommen. Und den Versuch(ung)en von „Gängelung“ widerstehen (auch den „langen Leinen“).
siehe
JM 0.1 Markus-WortSCHATZ (er)HEBEN – Staunen ohne Ende
JM 1.1.2 kaì – kaí – und – und / sowohl – als auch
Von Exklusiv-Zirkeln zu offenen Gruppen-Netzwerken
Von den persönlich-strukturellen Auswirkungen dieses wechselseitigen Kommunikations-Stils Jesu erzählt Markus inhaltlich am Beispiel der Männer und Frauen, die Jesus nach-folgen. Im intensiven Zusammenleben / Unterwegssein mit Jesus können sie aus einem „Exklusiv-Zirkel sich besonders erwählt Wissender“ zu einer o f f e n e n Gruppe aus offenen Gruppen werden.
In diesen wirken nicht mehr „ganz selbstverständlich“ patriarchal-hierarchische religiöse (Familien- und Gesellschafts-)Strukturen als „Organisations-Muster“. Sie werden auch nicht mehr benützt. Vielmehr ist klar: die neuen – kainós Erfahrungen Jesu und mit Jesus verändern auch den Kommunikations-Stil und die Organisations-Strukturen der JüngerInnen-Gruppe(n) entscheidend.
O-Ton Jesus: „sondern neuen/néon Wein in neue/kainoîs Häute/ Schläuche.“ 2, 22
Und e r praktiziert das auch in atemberaubend – verstörender Radikalität:
- seiner Familie lässt er ausrichten, wen er als zu seiner Familie gehörend sieht: „W e r a u c h i m m e r t a t den Willen Gottes, / dieser Bruder mir und Schwester und Mutter ist …“ ( 3, 34 – 35 )
- in seiner „neuen Familie“ der SchülerInnen-Gruppe stellt er klar: „N i e m a n d ist, der (los)ließ Haus oder … wegen mir und wegen des Evangeliums, ohne dass er empfängt Hundertfaches …“ ( 10, 29 – 30 ). Er sagt Petrus und den anderen nicht das Erwartete: i h r werdet bekommen!
Entscheidend: das T u n des Evangeliums Gottes
Nicht Blutsverwandtschaft oder Apostel-Sein oder die Zugehörigkeit zu den SchülerInnen-Gruppen sind entscheidend, sondern das T u n des Evangeliums Gottes. Die Menschen heilend und ihnen dienend in ehrfurchtsvoller Wechselseitigkeit. Gerade auch mit Hilfe Evangeliums-gemäßer Organisations-Strukturen.
An die Stelle patriarchal-autoritärer religiöser (Groß-/ Familien-)Strukturen tritt ein symmetrisches, wechselseitiges Netzwerk aus unterschiedlichen Netzwerken der Schwestern und Brüder Jesu.
Bruder David Steindl-Rast in einem Interview mit Josef Bruckmoser:
„Wenn Jesus vom Reich Gottes spricht, ist es genau das Gegenteil einer weltlichen Machtpyramide, an deren Spitze ein König sitzt.
Das Reich Gottes ist keine Pyramide, es ist ein Netzwerk von Netzwerken.
So hat Jesus das als Wanderprediger mit seinen Leuten gelebt.“
David Steindl-Rast
STEINDL-RAST, David: Wenn Jesus vom Reich Gottes spricht (STEINDL-RAST, David / BRUCKMOSER, Josef: Vom mystischen Wasser kosten. Interview. – Salzburger Nachrichten 16.11.2019, S. 11)
siehe
JM 3.3.2 Pulsierende Jesus-Netzwerke
Verschiedene ‚Lesarten‘ des Evangeliums nach Markus
So lässt sich das Markus-Evangelium auch lesen:
- „Musterbuch“ – als Anleitung zum Kreieren eigener Muster
- „Heilkräuter-Sammlung“ – das Anwenden hilft, gesund zu werden / bleiben
- „Trainings-Beispiele“ – das Selber-Üben macht lebens- / glaubens-fit
- als Erfahrungs-Berichte, die herausfordern: „und DEINE Erlebnisse?“ – sich selber annehmen und gestalten in einem eigenSinnigen Leben; sich den anderen und Gott zuMUTen; vertrauen + solidarisch sein; …
Sage es mir, und ich werde es vergessen.
Zeige es mir, und ich werde es vielleicht behalten.
Lass es mich tun, und ich werde es können.
Konfuzius